Die Entstehungsgeschichte und das erste Jahrzehnt der Tätigkeit des Bundesgerichtshofs (BGH) sind bislang historiographisch nur sehr bedingt erforscht worden. Bedenkt man, dass es sich bei dem BGH um das oberste Gericht der Bundesrepublik Deutschland auf dem Gebiet der ordentlichen Gerichtsbarkeit handelt und dieser die letzte Instanz in Zivil- wie Strafsachen bildet, muss dieser Umstand als umso erstaunlicher bezeichnet werden. Dennoch stellt eine umfassende, quellengestützte Aufarbeitung der Geschichte des BGH nach wie vor ein erhebliches Desiderat der zeit- wie rechtshistorischen Forschung dar.
Das Forschungsprojekt zur Frühgeschichte des BGH bezweckt, diese Lücke zu schließen, und stützt sich hierbei auf eine Reihe von Quellen, die der Forschung bislang nicht zur Verfügung standen oder kaum ausgewertet wurden. Hierzu zählen in erster Linie die General-, Personal- sowie Verfahrensakten des BGH für den Untersuchungszeitraum. Auf dieser Grundlage wird im Rahmen des Projektes eine quellengestützte Gesamtgeschichte erarbeitet, die sowohl den organisatorischen Aufbau des Gerichts und seine Weiterentwicklung wie auch die Richterbiographien und das sonstige Personal in den Blick nimmt. Parallel dazu wird die Entwicklung der Rechtsprechung, etwa vor dem Hintergrund vergangenheitspolitischer Vorwürfe an das Gericht, in ihrer gesamten Bandbreite untersucht.
Wie bereits bei dem vorangegangenen, 2017 abgeschlossenen Projekt „Das westfälische Anwaltsnotariat 1933-1945“ handelt es sich um ein drittmittelfinanziertes, interdisziplinäres Forschungsprojekt, das der Arbeitsbereich Zeitgeschichte des Historischen Seminars in enger Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für Deutsche Rechtsgeschichte und Bürgerliches Recht der Abteilung Rechtswissenschaft an der Universität Mainz durchführt. Geleitet wird das Projekt von Professor Andreas Roth (Lehrstuhl für Deutsche Rechtsgeschichte und Bürgerliches Recht) und Professor Michael Kißener (Arbeitsbereich Zeitgeschichte).
Ansprechpartner: Prof. Dr. Michael Kißener, Dr. Matthias Gemählich.